AndyK.com > Berlin > Potsdamer Platz > Building Projects








Latest news...

DaimlerChrysler und die DaimlerCity
von Jörg Wachsmuth

Bereits vor dem Fall der Berliner Mauer im Frühsommer 1989 beschloß die DaimlerChrysler AG (damals Daimler-Benz AG) in Berlin ein Grundstück zu erwerben, auf dem die Tochter, das Dienstleistungsunternehmen Debis seinen Hauptsitz in der damals noch geteilten Stadt nehmen sollte.

Der Berliner Senat schlug hierfür drei Grundstücke zum Kauf vor, das Klingelhöfer Dreieck, das Lenné-Dreieck und ein Areal am Potsdamer Platz.

Der Stuttgarter Konzern entschied sich für das damals in unattraktiver Lage befindliche Ödland am Potsdamer Platz und trat im Spätsommer 1989 in intensive Verhandlungen mit dem Berliner Senat.

Noch bevor der Kaufvertrag unterschrieben war fiel am 9. November 1989 die Berliner Mauer. Der Platz gelangte wieder in eine zentrale Lage im Herzen der Stadt, das geplante Bauvorhaben mußte grundsätzlich überdacht werden. Der Potsdamer Platz sollte wieder zum pulsierenden Herzen der Metropole werden, sowie vor dem zweiten Weltkrieg, als er zu den verkehrsreichsten und bekanntesten Plätzen Europas zählte. Am 16. Juli 1990 kaufte DaimlerChrysler den Potsdamer Platz, am 3. Oktober 1990 folgte die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und mit ihr die Vereinigung der bis dahin geteilten Stadt.

Der Wettbewerb, die Sieger, das Konzept

Damit für die Planungen aller Investoren am Potsdamer Platz eine Grundlage geschaffen werden konnte, rief der Berliner Senat im Jahre 1991 einen städtebaulichen Wettbewerb aus, bei dem die Richtlinien für die Neugestaltung des Gesamtgeländes Potsdamer- / Leipziger Platz festgelegt werden sollten. Aus diesem Wettbewerb gingen die Architekten Hilmer und Sattler als Sieger hervor. Die historischen Straßenzüge sollten weitgehend wieder hergestellt werden, das Areal sollte eine geschlossene Blockrandbebaung erhalten und die maximale Traufhöhe sollte die für Berlin typischen 35 Meter nicht überschreiten.

Im Anschluß daran führte DaimlerChrysler im Jahre 1992 einen Architekturwettbewerb durch, bei dem 14 international renommierte Architekten teilnahmen.

Die Jury, in der zur Hälfte Vertreter des Berliner Senats und des DaimlerChrysler Konzerns vertreten waren wählten des Entwurf von Renzo Piano (Paris / Genua) und Christoph Kohlbecker (Gaggenau) mit 20:1 Stimmen zum Siegerentwurf.

Ausschlaggebend war das klare Konzept, das es schaffte das Kulturforum im Westen des Areals sinnvoll in das neue Stadtviertel zu integrieren. Während große Wasserflächen die Außenraumgestaltung des Gebietes prägen sollten, wurde im Zentrum eine große Piazza vorgesehen (heute Marlene Dietrich Platz) wo sich die Alte Potsdamer Straße und die Eichhornstraße treffen sollten. Die publikumswirksamsten Einrichtungen haben hier ihren Standort (Stella Musical Theater, Spielbank Berlin, IMAX am Potsdamer Platz und Zugang zu den Potsdamer Platz Arkaden).

Unter der künstlerischen Leitung der Siegerarchitekten wurden nun sechs weitere Architekten mit den Entwürfen der Bebauung beauftragt. Die Traufhöhe wurde von 35 Meter auf 28 Meter reduziert und das Verhältnis Straßenbreite zu Bebauungshöhe entsprechend dem alten Potsdamer Platz mit 1:2 festgelegt. Die Grundidee war die Schaffung einer europäischen Stadt, die von einer abwechslungsreichen Nutzmischung geprägt ist. Die Fassaden sind durchgängig von Terrakotta, Sandstein oder Klinker geprägt. Dunkle Fassadenfronten und verspiegelte Glasfronten wurden vermieden. Die Fassadenfarben sind froh und hell und reichen von Gelb bis Dunkelrot. Die Architektur bietet eine helle, freundliche Atmosphäre mit einem südländischen, urbanen Flair.

In das Konzept mit eingebunden ist das 1912 gebaute Weinhaus Huth, das unter Denkmalschutz stehende älteste Gebäude am Platz wurde um ein zweites Kellergeschoß erweitert, und die unter Naturschutz stehende Straßenbäume der Alten Potsdamer Straße.

Der erste Spatenstich war am 11. Oktober 1993. Die Grundsteinlegung erfolgte am 29. Oktober 1994 durch den Berliner Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen. Das Areal wurde am 2. Oktober 1998 eröffnet.

Der Nutzungsmix

Am Potsdamer Platz sollten durch DaimlerChrysler insgesamt 4 Mrd. DM investiert werden. Das Projekt umfaßt 19 Gebäude mit 10 Straßen, die das Stadtquatier durchziehen.

Der Nutzungsmix sieht vor maximal 50% der Fläche als Büronutzung, 20 % Wohnfläche (600 Wohnungen) und 30% für Handel und Kultur.

Auch die Berliner Volksbank mietete sich bei Debis am Potsdamer Platz ein und gab damit die Pläne für den Neubau einer Konzernzentrale auf dem ehemaligen Gelände der Landesversicherungsanstalt Berlin am Kaiserdamm in der Nähe des Messegeländes auf. Dort ist nun nur eine riesige Baugrube zu sehen.

Die Highlights, die Logistik, die Schaustelle

Vor Baubeginn am 29. Oktober 1994 wurde für die größte Baustelle der Welt, das Gebiet am Potsdamer Platz eine eigene Logistikfirma gegründet. Bis zu 140 Projekt- und Bauleiter von über 350 Firmen mit deren Subunternehmern und über 4000 Mitarbeitern waren in Spitzenzeiten täglich auf dem Areal tätig.

Es wurden eigens Lagerflächen, Bahnstrecken, Straßen und ein Hafen geschaffen um den Sandaushub abzufahren und Baumaterial anzuliefern. Lieferungen mußten angemeldet werden um ein Verkehrschaos im Baustellenbereich zu verhindern. Die gesamte Berliner Innenstadt wurde in den vergangenen 10 Jahren einmal umgegraben. Nicht nur Sony und DaimlerChrysler bauten am Potsdamer Platz. Auch der Straßentunnel, neue Bahnanlagen und das Regierungsviertel entstanden und entstehen. Darüber hinaus ist auch die berühmte Friedrichstraße umgebaut worden.

Die umweltfreundliche Logistik sparte am Tag bis zu 42.000 LKW-Kilometer ein, die so nicht zusätzlich das öffentliche Berliner Straßennetz belasteten.

Insgesamt wurden 2,3 Millionen Tonnen Erdaushub von der DaimlerChrysler Baustelle abgefahren und 550.000 m³ Beton angeliefert.

Mit der Einrichtung der Infobox am Potsdamer Platz (Eröffnung 16. Oktober 1995) sowie mehren Baustellensommern unter dem Konzept "Schaustelle Berlin" wurden die Umbauarbeiten der neuen alten deutschen Hauptstadt zum vielgefragten touristischen Happening und brachten zusätzliche Besucher in die Stadt.

Die Umwelt

Um die Umwelt und den nahegelegenen Berliner Tiergarten nicht all zu stark durch die Arbeiten zu belasten, wurden ab 1992 die Bauöklogen Dress & Sommer/DS-Plan mit der Projektbetreuung beauftragt.

In das Pflichtheft der Architekten und Ingenieure wurde neben der Senkung von Energieverbrauch und Schadstoffausstoß auch die Auswahl von umwelt- und gesundheitsgerechten Baustoffen geschrieben. So wurden luftgeschäumte Dämmstoffe eingesetzt und bei den Schalungsarbeiten auf Rüben- und Rapsöl statt umweltgefährende Mineralöle gesetzt.

Auf eine energiezehrende Klimaanlage wurde verzichtet, stattdessen lassen sich öffnende Fenster eine natürliche Belüftung zu. Zur Regulierung des hohen Winddrucks wurden in den Obergeschossen der Piano-Hochhäuser Doppelfassaden eingesetzt.

Räume mit EDV-Anlagen werden durch 18C° kaltes Wasser gekühlt, das durch Kühlelemente an den Decken fließt. Der optimale Einsatz von Gebäudetechnik ermöglicht 50% der Primärenergie gegenüber von Klimaanlagen einzusparen. Durch das Heizkraftwerk Mitte, das über eine moderne Kraft-Wärme-Kopplung verfügt, werden die Gebäude zentral mit Wärme, Kälte und Strom versorgt. Gegenüber einer herkömmlichen Energieversorgung konnte so der jährliche Kohlendioxid-Ausstoße (CO2-Emission) um 70% verringert werden (entspricht der Emission von 9600 Einfamilienhäuser). Auf 50.000 qm Dachfläche wird Regenwasser gesammelt und der Nutzung zugeführt. Das Wasser dient dem Gießen der Grünanlagen, der Speisung der großen Wasserflächen und zur Versorgung einzelner WC-Spülungen. So können etwa 20 Millionen Liter kostbaren Trinkwasser im Jahr eingespart werden.

Die Versorgung, der Verkehr

Für die Versorgung des Geländes und die Zulieferung sind unterirdische Straßen mit einem Anlieferhof vorhanden. Die großen Mengen an Müll werden über ein modernes, eigens entwickeltes Logistiksystem des Berliner Entsorgungsunternehmens ALBA abgewickelt, das dann auch auf die weiteren Komplexe (Sony-Center, Regierungsviertel) übertragen werden soll.

Verkehrstechnisch ist das Gelände im Norden durch den S- und U-Bahnhof Potsdamer Platz angebunden. Hier entsteht zusätzlich gerade ein neuer Regionalbahnhof, der Haltepunkt am Nord-Süd-Tunnel der Bahn ist. Im Süden wurde an der U2 der oberirdische U-Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy-Park gebaut. Der Bahnhof war der erste privatfinanzierte Bahnhof des 1902 eröffneten Berliner Untergrundbahnnetzes. Unter der Neuen Potsdamer Straße wurde für den Neubau einer weiteren U-Bahnstrecke bereits ein Tunnelstück gebaut. Am Potsdamer Platz halten mehrere Buslinien. Für den Individualverkehr stehen 4000 Parkplätze zur Verfügung, 2000 in einer Tiefgarage, 1500 in einem Parkhaus.

Die Fakten, die Daten

Kauf durch DaimlerChrysler: 16. Juli 1990
Städtebaulicher Wettbewerb: 4. Oktober 1991
Architekturwettbewerb: 4. September 1992
Erster Spatenstich: 11. Oktober 1993
Grundsteinlegung: 29. Oktober 1994
Richtfest: 26. Oktober 1996
Einzug von Debis: 24. Oktober 1997
Eröffnung: 2. Oktober 1998
Grundstück: 68.000 m²
Bruttogeschoßfläche: oberirdisch 340.000 m²
Unterirdisch: 210.000 m²
Gesamt: 550.000 m²
Büros: 175.000 m²
Wohnfläche 70.00 m²
Handel 40.000 m²
Architekten: Masterplan: Renzo Piano Building Workshop (Paris, Genua)
Christoph Kohlbecker (Gaggenau)
Gebäude: Arata Isozaki & Associates (Tokio)
Prof. Hans Kollhoff Architekt BDA (Berlin)
Lauber & Wöhr Architekten (München)
José Rafael Moneo (Madrid)
Richard Rogers Partnership (London)
Investitionen: Gesamt: ca. 4,0 Mrd. DM
Reine Baukosten: ca. 2,7 Mrd. DM
Logistikdaten: Erdaushub: 2,3 Mio. Tonnen
Stand: Transportbeton: 550.000 Kubikmeter
1. September 1998 Stückgut: 390.000 Tonnen
Jury des Architekturwettbewerbs Vorsitz: Dr. Max Bächer
(Professor für Architektur, Universität Darmstadt)
Mitglieder: Eberhard Diepgen
(Regierender Bürgermeister von Berlin)
Wofgang Nagel
(Berliner Bausenator)
Dr. Volker Hassemer
(Senator für Stadtentwicklung und Kultur, Berlin)
Dr. Hans Stimmann
(Senatsbaudirektor Berlin)
Edzard Reuter
(Vorstandsvorsitzender Daimler-Benz AG)
Dr. Manfred Gentz
(Vorstandsmitglied Daimler-Benz AG)
Professor Werner Breitschwerdt
(ehemals Vorstandsvorsitzender Daimler-Benz AG)

DaimlerChrysler
Discovery Imax
DS-Plan
Hardy im Huth
Potsdamer Platz Arkaden
Spielbank Berlin
Theater am Potsdamer Platz